Sonntag, 9. Juni 2013

Das Menschsein ist ein Gasthaus

Der Sufi-Dichter Rumi schreibt:
"Das menschliche Dasein ist ein Gästehaus.
An jedem Morgen eine neue Ankunft:
Eine Freude, eine Depression, eine Gemeinheit.
Irgendein momentanes Aufmerksamwerden kommt als ein unerwarteter Besucher.
Heiße sie alle willkommen und unterhalte sie alle, selbst wenn sie ein Heer von Sorgen sind, welches gewaltsam Dein Haus von seiner Einrichtung leerfegt.
Dennoch behandle jeden Gast ehrenvoll. Er mag Dich vielleicht nur reinigen und vorbereiten für neue Wonne.
Der finstere Gedanke, die Scham, die Bosheit, empfange sie lachend am Eingang, und bitte sie herein. Sei dankbar für wen auch immer der kommt, denn jeder einzelne ist Dir als Wegweiser aus dem Jenseits gesandt. "



Das Zitat kam mir heute in den Sinn, als ich von dem Leid und Ungemach der vielen Hochwasseropfer las, von meiner tapferen Cousine erfuhr, die sich seit einigen Wochen auf ein Weiterleben mit ihrem Krebs einstellt, und als ich an den Schutzengel dachte, der meiner Tochter vorgestern bei einem Sturz vom Trampolin zu einer relativ sanften Landung verhalf.
Rumis Haltung kann gleichzeitig Trost und Befreiung sein. Selbst hat mir diese Sichtweise immer wieder geholfen, eine Angst, eine Sorge oder eine schwierige Lage zu überstehen, Lebensfreude zu bewahren und damit ansteckend zu sein.
Mein Freund Davidji verwendet das Zitat (in Englisch) als Einleitung zu seiner Heilmeditation, die in seinem Kompendium "Guided Meditations - Fill what's Empty, empty what's Full" enthalten ist.



Sehr passend, finde ich.
Welche Wirkung hat diese Sichtweise von Rumi auf Euch?
Ist unsere menschliche Daseinsform ein Gasthaus, in dem Ihr als Gastgeber das ganze Leben willkommen heißen könnt?
Gefällt Euch die Metapher?
Was sind Eure Gedanken und Gefühle dazu?

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